Politische Positionen der HWK für Oberfranken

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HWK für Oberfranken/F. Wunderatsch

HandwerkspolitikPolitische Positionen der HWK für Oberfranken

Oberfranken. Die Vollversammlung der Handwerkskammer für Oberfranken hat in ihrer jüngsten Sitzung auf Festung Rosenberg in Kronach (10. Juli 2023) erstmals ein "Politisches Positionspapier" beschlossen.

Hauptgeschäftsführer Reinhard Bauer stellte der Vollversammlung den Entwurf des Positionspapiers vor (siehe auch Modernisierung der Bildungsinfrastruktur: "Es geht voran"). Das Gremium ergänzte noch einige Details und hat das Positionspapier mit den eingearbeiteten Formulierungen beschlossen.  Darin formuliert die Handwerkskammer zu wesentlichen Politikfeldern ihre Forderungen. "Wir sehen das Positionspapier als Grundlage unserer politischen Arbeit in den kommenden Jahren", sagte der Hauptgeschäftsführer, der die politische Interessensvertretung gemeinsam mit dem Vorstand deutlich intensiviert hat.

Das Positionspapier steht zum Download für Sie bereit. Es wird regelmäßig - mindestens einmal pro Jahr - überarbeitet werden.



Das Positionspapier der Handwerkskammer für Oberfranken im Detail:

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.



Das oberfränkische Handwerk ist auf eine wettbewerbsfähige, sichere und nachhaltige Energieversorgung angewiesen. In der aktuellen Energiekrise sind aus Sicht der Handwerkskammer für Oberfranken folgende Maßnahmen erforderlich, die so schnell wie möglich umgesetzt werden müssen.


a) Wirksame Entlastung

Produkte und Dienstleistungen des regionalen Handwerks müssen zu absatzfähigen Herstellungskosten bereitstellbar bleiben. Einseitige Förderungen dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Daher fordern wir:

  • Die vorrübergehende Senkung aller energiebezogenen Abgaben sowie ein vorübergehendes Aussetzen der CO2-Bepreisung.
  • Beschränkung der Ausnahmen für Großunternehmen zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf das unbedingt notwendige Maß.
  • Fortlaufendes Monitoring der Energiepreise und bei Notwendigkeit frühzeitige Fortführung der Energiepreisbremsen, um Planbarkeit für Betriebe zu sichern.

b) Sichere Versorgung

Als Daueraufgabe bleibt, für die Betriebe des Handwerks dauerhaft eine sichere und gleichzeitig bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten.

Daher fordern wir:

  • Die Nutzung aller aktuell zur Verfügung stehenden Ressourcen und Systeme, die zu einer stabilen Versorgung beitragen.
a) Beschleunigung der Klima- und Energiewende

Das Handwerk spielt eine zentrale Rolle bei den Vorhaben zur Klima- und Energiewende. Um im Bereich der Energie effiziente Lösungen zu entwickeln, braucht es ganzheitliche und intelligente Ansätze, die die unterschiedlichen Sektoren der Energiewirtschaft (Strom-, Wärme- und Gasnetze) und der Mobilität vernetzen (Sektorenkopplung). Eine erfolgreiche sektorenübergreifende Planung und Umsetzung ist neben der Reduktion des CO2-Ausstoßes im Gebäudesektor der Schlüssel zur Klimaneutralität.

Daher fordern wir:

  • Die Verschlankung und Entbürokratisierung der Vorschriften rund um die Energie- und Klimaschutzpolitik.
  • Eine pragmatische und auf das Erreichen der Klimaschutzziele ausgerichtete Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die gerade im Bestand technologieoffen alle Lösungen ermöglicht, um das individuell beste Konzept zur CO2-Reduktion für einzelne Gebäude umzusetzen.
  • Die Integration und Gleichbehandlung der Maßnahmen zur energetischen Optimierung der Gebäudehülle in alle die Klimawende betreffenden Gesetzesvorhaben.
  • Die Ausweitung der Möglichkeiten der Gebäudeenergieberatung durch das Handwerk im Rahmen der „Bundesförderung für Energieberatung im Wohngebäude (EBW)“.
  • Weniger Regulierung und mehr Standardisierung. Dies beinhaltet die schnelle Ausarbeitung technischer Regeln für die sektorenübergreifende Planung, Errichtung, Inbetriebnahme und Wartung von energietechnischen Anlagen in Liegenschaften.
  • Sektorenübergreifende Energiemanagementsysteme (EMS) auch für den privaten Bereich. Die digitale Steuerung der gekoppelten Systeme ermöglicht einen tariflich optimierten Energieverbrauch und entlastet die Netze.
  • Eine nationale Harmonisierung, Vereinfachung und Beschleunigung der Technischen Anschlussbedingungen (TAB) und Anmeldeverfahren (Netzbetreiber).
  • Berücksichtigung des Handwerks in Forschungsprojekten.
  • Gleichmäßige Verteilung der Kosten der Klima- und Energiepolitik auf alle Unternehmen unabhängig von deren Größe oder Branche.

Die Umsetzung der Klima- und Energiewende vor Ort erfolgt durch die Fachkräfte des Handwerks. Da sich der Fachkräftebedarf weiter vergrößern wird, muss die Arbeitseffizienz durch intelligente Ansätze gesteigert werden.

Daher fordern wir:

  • Die frühzeitige Einbindung aller energetischen Maßnahmen und der Energieversorgung bereits in die Vorplanung ab der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 0 und 1).
  • Intelligente Schnittstellen zwischen Architekten, Fachplanern, Industrie und dem ausführenden Handwerk.
  • Die Schaffung digitaler Strukturen (z.B. durch BIM-Planung).

Die schnell fortschreitende Weiterentwicklung der Technologien und Produkte erfordert eine schnellere Anpassung der Lehr- und Lernbedingungen.

Daher fordern wir:

  • Die Schaffung gewerkeübergreifender Schulungsstätten in allen Regionen (Energiehaus, Reallabor), an welchen „energetischen Handwerke“ (z.B. Zimmerer, Dachdecker, Maurer- und Betonbauer, Schreiner, Maler, SHK, Elektrotechniker, Kfz) gemeinsam für die neuen Aufgaben qualifiziert werden.
  • Für die konzeptionelle Ausarbeitung ist ein Sonderprojekt einzurichten, welches die Anforderungen der gewerkübergreifenden Ausbildung detailliert herausarbeitet und Vorschläge zur Umsetzung in Schulungsstätten macht.
  • Im laufenden technischen Fortschritt werden sich die Anforderungen an gewerkübergreifende Schulungsstätten ändern. Um diese kontinuierlich zu erfassen und die die Schulungskonzepte weiterzuentwickeln, ist das Sonderprojekt perspektivisch zu verstetigen.

b) Initiierung und Entwicklung eines Strategiekonzepts „Energieautarkes Oberfranken“ unter Beteiligung des Handwerks

Die aktuellen Krisen zeigen: Regionen müssen bei der kritischen Infrastruktur und bei der Energieversorgung möglichst autark sein.

Daher fordern wir:

  • Die Einleitung eines Strategieprozesses zur Energiewende auf kommunaler und regionaler Ebene in Kooperation mit den Kommunen, Stadtwerken, Energieversorgungsunternehmen und unter Beteiligung des Handwerks analog dem Beispiel Wunsiedel.
  • Die bessere und frühzeitigere Einbindung des Handwerks vor Ort beim Aufbau einer dezentralen Energieversorgung.
  • Best-Practice-Beispiele öffentlicher Liegenschaften (z.B.: LAGARDE Bamberg) und kommunale Werbekampagnen unter Beteiligung aller relevanten Akteure, insbesondere des Handwerks, sollen zeigen, wie Energiewende vor Ort geht.
  • Die Wahrnehmung der Vorbildfunktion der Kommunen bei der energetischen Gebäudesanierung.
a) Weitere Verstärkung der Berufsorientierung in Realschulen und Gymnasien
Die Berufsorientierung insbesondere an Bayerns Realschulen und Gymnasien ist vor allem im Hinblick auf das Handwerk und seine Möglichkeiten nach wie vor nicht ausreichend.


Daher fordern wir:

  • Eine ergebnisoffene, auf die Fähigkeiten und Interessen der Schülerinnen und Schüler abzielende, wertfreie und verpflichtende Berufsorientierung an Realschulen und Gymnasien.
  • Im Lehrplan verankerte Berufspraktika in der 9. und 10. Jahrgangsstufe.
  • Die Verstetigung des verpflichtenden „Tag des Handwerks an bayerischen Schulen“.

b) Begleitung und Beratung von Studienzweiflern und -abbrechern

Bayern hat nach Nordrhein-Westfalen die meisten Studierenden (rund 400.000). Die jüngsten Zahlen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) zeigen aber, dass der Anteil an Studienabbrechern an Bayerischen Hochschulen bei über 20 % liegt. Für diese jungen Menschen bietet das Handwerk eine große Chance.

Daher fordern wir:

  • Die Einführung verpflichtender Praktika bereits am Anfang des Studiums.
  • Studienaussteiger strukturierter zu betreuen und zu beraten.

c) Erleichterung der Einwanderung ausländischer Fachkräfte

Im Handwerk gibt es eine Viertelmillion offener Stellen. Viele Betriebe möchten Fachkräfte aus dem Ausland einstellen. In der Praxis stoßen sie auf sprachliche und bürokratische Hürden. Einfache Lösungen für den Mittelstand würden helfen den Fachkräftemangel abzumildern.

Daher fordern wir:

  • Die Verfahren zur Zuwanderung ausländischer Fachkräfte müssen beschleunigt werden. Dazu bedarf es einer Verkürzung der Beantragungsfristen und Beschleunigung der Bearbeitung von Visaanträgen vor allem an den migrationspolitisch relevanten deutschen Auslandsvertretungen.
  • Die Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens ist seitens der zuständigen Stellen innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen zu gewährleisten.
  • Die kleinen und mittleren Unternehmen des Handwerks brauchen Zuwanderer mit ausreichenden Deutschkenntnissen, damit diese schnell einsetzbar und oftmals weiterqualifiziert werden können. Die Kosten des Erwerbs zumindest grundlegender Deutschkenntnisse im Herkunftsland können von KMU nicht getragen werden. Hier bedarf es öffentlich geförderter Unterstützungsmaßnahmen.

d) Anreize für die Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern, die bereits in Rente sind

Aktuell fehlen im oberfränkischen Handwerk 4.500 Fachkräfte. Ob Einwanderung ausländischer Fachkräfte, Studienaussteiger, Erhöhung der Frauenquote oder bessere Unterstützung lernschwacher Jugendlicher: für alle möglichen Alternativen muss ein geeigneter politischer Handlungsrahmen geschaffen werden, und es müssen Anreizsysteme geschaffen werden, die es den Betrieben erleichtert, auf diese Zielgruppen zuzugehen. Dies gilt auch für eine mögliche Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern, die bereits in Rente sind, sich aber noch fit genug fühlen, zumindest in Teilzeit noch für den Betrieb, in dem sie bisher beschäftigt waren, weiter zu arbeiten.

Daher fordern wir:

  • Bei Weiterbeschäftigung interessierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach ihrem Renteneintritt: Eine Befreiung dieser Tätigkeit von Sozial- und Steuerabgaben.
Das Handwerk fordert ein Jahrzehnt der beruflichen Bildung, eine echte Bildungswende!


a) Gleichwertigkeit und Wertschätzung der beruflichen Bildung

Ausgehend von Studien der OECD, die für Deutschland seit Jahrzehnten eine zu geringe Akademiker-Rate ermitteln, hat sich die Bildungspolitik der vergangenen Jahrzehnte fast ausschließlich auf die höhere Schulbildung und die akademische Bildung konzentriert. Dabei wurde die Berufliche Bildung vernachlässigt. Eine Folge davon ist, dass das öffentliche Bewusstsein und die Wertschätzung der beruflichen Qualifizierung gesunken sind und sich in diesem Zuge immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung entscheiden. Entsprechend fehlen schon heute gut qualifizierte Fachkräfte. Daher muss die Berufliche Bildung politisch und gesellschaftlich wieder den gleichen Stellenwert wie eine akademische Bildung erhalten.

Daher fordern wir:

  • Echte Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung, die bei allen Entscheidungen praktiziert wird!
  • Endlich Umdenken: Weg von dem finanziellen Fokus auf akademische Bildung und hin zu einer angeglichenen Förderung beruflicher und akademischer Bildungsbereiche z.B. in Bezug auf der Förderung der beruflichen Bildungszentren.
  • Ein Jahrzehnt der beruflichen Bildung und damit eine Wende in der Bildungspolitik.

Damit einher geht:

  • Verstetigung der verpflichtenden Berufsorientierung Handwerk (Tag des Handwerks an bayerischen Schulen).
  • Die Vertiefung und Verstetigung der Berufsorientierung an den Gymnasien inklusive des verpflichtenden Absolvierens von Berufspraktika.

Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister stehen sinnbildlich für die Qualität des deutschen Handwerks und sind Leistungsträger, die sich durch ihre Qualifizierung auf Expertentätigkeiten, auf Führungsaufgaben oder auf ihre Selbstständigkeit vorbereiten. Die Teilhabe an der Meisterprüfung im Handwerk darf nicht an persönlichen finanziellen Voraussetzungen scheitern. Die sehr heterogenen Lebenssituationen der Meisterschülerinnen und -schüler (Alter, familiäre Situation etc.) bedarf der gesamten Angebotsvielfalt von Vollzeit- und Teilzeitangeboten mit unterschiedlichen Anteilen des Distanzlernens. Nicht ohne Grund gibt es in manchen Regionen beide Angebotstypen parallel, die auch ihre Nachfrage finden.

Daher fordern wir:

  • Die Kostenneutralität der Qualifizierung zum Handwerksmeister/zur Handwerksmeisterin, bei Beibehaltung und Weiterentwicklung der bisherigen Fördersystematik, die das Meister-BAföG und den Meisterbonus umfasst.
  • Diese Förderung muss unabhängig von der Art der Durchführung des Qualifizierungsangebots sein.

b) Finanzierung der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU)

Die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung ist wesentlicher Bestandteil der dualen Ausbildung im Handwerk. Sie trägt dazu bei, dass die Aus- und Weiterbildung flächendeckend in der notwendigen Breite und Tiefe sichergestellt ist. Der Aus- und permanenten Weiterbildung der Fachkräfte des Handwerks kommen hinsichtlich der anstehenden gesellschaftlichen Aufgaben eine immer wichtigere Bedeutung zu.

Daher fordern wir:

  • Um eine echte Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu erreichen, müssen die Kosten der ÜLUs bis spätestens 2026 im vollen Umfang gefördert werden.
  • Bis dahin soll die Bayerische Landesregierung hinreichend hohe Fördersummen bereitstellen, um die Fördermöglichkeiten durch den Bund maximal ausschöpfen zu können.

c) Finanzierung der beruflichen Bildungszentren

Damit die beruflichen Bildungszentren des Handwerks ihre Aufgaben wahrnehmen können, müssen sie in allen Technologiebereichen auf dem modernsten technologischen Stand und dem modernsten digitalen Niveau gehalten werden. Daneben müssen sie baulich und räumlich (Raumgrößen und -zuschnitte) modernsten Standards entsprechen.

Das bayerische Handwerk investiert daher in den nächsten fünf Jahren mehr als 340 Millionen in seine Bildungszentren. Damit sichert es die Grundlagen für eine moderne Ausbildung. Diese Investitionen werden von Bund und Land anteilig gefördert. Dennoch verbleiben mindestens 25 Prozent der Kosten als Eigenmittel bei den Kammern.

Daher fordern wir:

  • Für eine echte Gleichwertigkeit müssen die Kosten, analog zum akademischen Bereich, zu 100 Prozent von Bund und Land übernommen werden.
  • Die Fördermittel müssen in Bund und Land dauerhaft in erforderlicher Höhe bereitgestellt werden.
a) Effektiverer Ausbau der digitalen Infrastrukturausbau (Breitband und Mobilfunk)

Das Handwerk in der Region setzt sich sowohl überregional als auch lokal mit Nachdruck dafür ein, dass auch im ländlich geprägten Gebiet Bayerns zukunftsfähige Infrastruktur flächendeckend ausgebaut wird. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse basiert gerade im Informationszeitalter auf einer gleichwertigen digitalen Infrastruktur. Dies gilt sowohl für die Breitband- wie auch für die Mobilfunkversorgung.

Das vielfach ländlich geprägte Handwerk braucht die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet (Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Mbit/s und mehr). Bayern muss als moderner und innovativer Technologiestandort beim weiteren Mobilfunkausbau (4G und 5G) am Puls der Zeit bleiben. Seit Jahren bestehende Lücken im Mobilfunknetz erschweren das digitale Arbeiten im Handwerk.

Daher fordern wir:

  • Die Weiterentwicklung des staatlich geförderten Breitbandausbaus, mit gleichberechtigter Berücksichtigung der Belange von kleineren Gewerbe- und Handwerksbetrieben auch außerhalb von Gewerbegebieten.
  • Ein eigenes Engagement der Kommunen im Breitbandausbau, das durch Landesfördermittel gedeckt wird.
  • Das Zulassen von Mobilfunkinfrastruktur durch Kommunen auf kommunalem Eigentum.

b) Fortführung Bayerischer Digitalbonus

Der Bayerische Digitalbonus hat sich als ein einfaches und schnelles Förderinstrument bewährt. Die Betriebe und die Beraterinnen/Berater kennen und nutzen es.

Daher fordern wir:

  • Die Fortführung des etablierten Förderinstruments muss über den 31.12.2023 hinaus sichergestellt werden. Mehrfachbeantragungen müssen ermöglicht werden.
  • Die bedarfsgerechte Aufstockung und Verstetigung der Mitte über die nächsten Jahre im Haushalt.
  • Die weitere Vereinfachung der Antragsverfahren.

c) Verbesserung der Mobilität von Auszubildenden und Berufsschülern

Erfolgreiche Wirtschaftsstandorte sind auch erfolgreiche Bildungsstandorte. Beide benötigen eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur. Diese muss sicherstellen, dass auch die Ausbildungsstätten und Berufsschulen für Auszubildende und Berufsschülerinnen und ohne unverhältnismäßige hohe Kosten und hohem zeitlichem Aufwand erreicht werden können.

Daher fordern wir:

  • Einen intelligenten Ausbau des ÖPNV in Oberfranken, der auch kreative Lösungen für die Fläche vorsieht (z.B. Azubi-Taxis).
  • Eine Gleichstellung minderjähriger Auszubildender mit Schülerinnen und Schülern.
  • Elektrifizierung der Bahnstrecke von Nürnberg über Marktredwitz bis Hof bzw. Schirnding; Berücksichtigung alternativer Antriebskonzepte als mögliche Zwischenlösung.
  • Die ergebnisoffene Überprüfung der stillgelegten Bahn-Trassen auf eine mögliche Reaktivierung.
  • Die uneingeschränkte Möglichkeit des unbegleiteten Fahrens ab 17 Jahren zur Ausbildungsstätte, Berufsschule und Bildungszentren der Handwerkskammer (ÜLU), insbesondere so lange kein hinreichend gutes ÖPNV-Netz bereitsteht. Die für den Landkreis Coburg gefundene Lösung bildet hierzu erfolgversprechende Ansatzpunkte.

d) Berufsschulstandorte erhalten/Ausbau der Angebote vor Ort durch Bildung von Fachklassen

Ein Ausbildungsplatz im Handwerk muss für junge Menschen attraktiv sein. Hierbei kommt den Berufsschulen eine gewichtige Rolle zu, da sie im Rahmen der dualen Ausbildung als zweiter Lernort viel Raum einnehmen. Für die vornehmlich minderjährigen Auszubildenden spielt deshalb der Ort der Beschulung und somit die Entfernung des Berufsschulstandorts vom Wohnort bzw. vom Ausbildungsbetrieb eine tragende Rolle.

Daher fordern wir:

  • Den Erhalt aller Berufsschulstandorte in Oberfranken.
  • Ausbau der Angebote vor Ort durch die Einrichtung von Fachklassen an möglichst vielen Standorten.
  • Schaffung von gewerkeübergreifenden Schulangeboten

e) Kommunale Verkehrspolitik allgemein

Die Mobilität stellt viele Handwerksbetriebe zunehmend vor Herausforderungen. In Innenstädten werden Zufahrtsbeschränkungen diskutiert bzw. schon umgesetzt und öffentlicher Parkraum weiter verknappt. Für Handwerker wird es zunehmend schwieriger, Baustellen und Kunden in Zentrumslagen zu erreichen und zu bedienen. Zentren müssen aber für alle Verkehrsteilnehmer (Kunden, Arbeitnehmer, Anwohner, Pendler) frei zugänglich und schnell erreichbar sein. Die Unternehmen in Handwerk und Handel sowie andere Dienstleister sind existenziell auf die Erreichbarkeit angewiesen. Für Einzelhandelsbetriebe und Ladenhandwerker sind der Erhalt und die Schaffung ausreichender Parkplätze und Kurzzeitparklätze oftmals von großer Bedeutung.

Daher fordern wir:

  • Bei der Neuverteilung öffentlicher Flächen die Parkraumbedarfe von Handwerksunternehmen und deren Lieferverkehre zu berücksichtigen.
  • Das Thema Handwerkerparken muss im Fokus von Kommunalpolitik und -verwaltung stehen und aktuellen Entwicklungen angepasst werden.
  • Zu ergreifende Maßnahmen sind nur in enger und direkter Abstimmung mit betroffenen Gewerbetreibenden zu treffen.
a) Sicherung bestehender Betriebsstandorte – Handwerksbetriebe vor Verdrängung schützen

Das Handwerk arbeitet schon immer in der Nachbarschaft. Es ist Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan. Die Betriebe sind in ihre Umgebungen häufig jahrzehntelang harmonisch integriert. Früher selbstverständliche Formen des Nebeneinanders von Wohnen und Arbeiten, auch mit klassischen Mischbebauungen, werden im Zuge verstärkter Wohnnutzungen schwieriger und heutzutage nicht mehr von allen Bewohnern akzeptiert.

Daher fordern wir:

  • Eine hohe Priorität für die Sicherung bestehender Betriebsstandorte, auch wenn Wohnbebauung heranwächst oder planungsrechtliche Maßnahmen (Immissionsschutz) ergriffen werden.
  • Die Möglichkeit für das Handwerk, zentrale Standorte in gemischten Gebieten weiter nutzen zu können.

b) Bessere Berücksichtigung des Handwerks bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen

Neue Gewerbeflächen sind häufig auf Industrieunternehmen zugeschnitten und werden vorrangig an diese vergeben. Handwerksbetrieben fehlt dadurch die Möglichkeit zur Gründung bzw. Expansion und die Möglichkeit, Standorte zu verlagern.

Daher fordern wir:

  • Eine proaktiv gestaltete Standortsicherung für die Betriebe des Handwerks.
  • Neue Gewerbeflächen müssen ausreichend kleinzellig parzellierte, für das Handwerk zugängliche Bereiche haben, die kurzfristig verfügbar, langfristig bezahlbar und auch hinsichtlich ihrer digitalen Infrastruktur funktionsgerecht und zukunftssicher erschlossen sind.

c) Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung

Eine wohnortnahe Versorgung ist mehr denn je notwendig und geeignet, um den Herausforderungen, die die Entwicklungen im Bereich der Demographie und des Klimawandels mit sich bringen, gerecht zu werden sowie gleichwertige Lebensbedingungen flächendeckend zu sichern. Für das Handwerk bedeutet dies, dass Gewerke, die der Nahversorgung dienen, sich im Sinne einer „Kommune der kurzen Wege“ in der Nähe der Kunden – auch innerhalb der Ortskerne – ansiedeln können.

Daher fordern wir:

  • Eine vorausschauende und langfristige Bauleitplanung, die wieder vermehrt Handwerk und Handel in den Ortsmitten stärkt. Dies verhindert die Verödung ländlicher Versorgungsstrukturen und das explosionsartige Anwachsen von Verkaufsflächen „auf der grünen Wiese“.
  • Eine bessere interkommunale Abstimmung bei der künftigen Ausweisung von Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte, um im Interesse des gesamten ländlichen Raumes eine Konzentration auf wenige Standorte zu vermeiden. Mit der Änderung des Systems der „Zentralen Orte hat sich die Zahl der Kommunen, die für Einzelhandelsgroßprojekte in Frage kommen, nahezu verdoppelt.
a) Weitere Verbesserung der Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind auf eine auch zeitlich umfassende Kinderbetreuung und Betreuungsangebote im Bereich der Pflege angewiesen.

Daher fordern wir:

  • Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gilt! Die Kommunen müssen ihn durch genug Betreuungsplätze und qualifizierte Betreuer sicherstellen. Die Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen müssen sich an den Arbeitszeiten der Eltern und den Bedarfen des regionalen Arbeitsmarktes orientieren.
  • Die Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen muss auch berufliche Neu- und Wiedereinsteiger berücksichtigen. Nur mit einer zuverlässigen Kinderbetreuung und mit Planungssicherheit ist eine gezielte Arbeitssuche möglich.
  • Schulische Ganztagsangebote sind in ausreichender Zahl verlässlich zu schaffen. Den Eltern, die auf eine Ganztagesbetreuung angewiesen sind oder diese wünschen, muss montags bis freitags an allen Schularten ein Platz an einer wohnortnahen Ganztagesschule angeboten werden.
  • Auch bei der Pflege von Angehörigen müssen sich die Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen an den Arbeitszeiten der Eltern und den Bedarfen des regionalen Arbeitsmarktes orientieren.

b) Schaffung bezahlbaren Wohnraums

In den vergangenen Jahren hat sich, gerade in den Ballungsräumen, eine schnell zunehmende Wohnraumknappheit entwickelt. Für das Handwerk ist die Steigerung der Wohnungsbauzahlen von großer Bedeutung. Neben den direkt involvierten Bau- und Ausbaugewerken ist das Handwerk angesichts des Fachkräftemangels als Ganzes darauf angewiesen, dass Beschäftigte ortsnah bezahlbare Wohnungen finden.

Daher fordern wir:

  • Die Bereitstellung von geeignetem Bauland sowie den dazu notwendigen Verwaltungskapazitäten ist dabei für eine zügige Wohnraumschaffung von zentraler Bedeutung.
a) Entbürokratisierung

Der aktuelle Bürokratisierungsgrad stellt für kleine und mittlere Unternehmen eine gravierende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit dar und führt somit zu einer klaren Benachteiligung im Vergleich zu größeren Handels- oder Industrieunternehmen.

Daher fordern wir:

  • Den Bürokratieabbau in den Kommunen, den Ausbau der Online-Angebote und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und Förderanträgen.
  • One-in-one-out-Regelung: Analog zur Bundes- und Landesebene sollten Kommunen mit gutem Beispiel vorangehen und solche Regelungen einführen, nach denen für jede neue Regelung eine alte wegfallen muss.
  • E-Government-Instrumente sollten verstärkt eingesetzt werden. Je mehr online erledigt werden kann, desto mehr Zeit und Ressourcen werden gespart – auf allen Seiten.
  • Formulare und Bescheide müssen verständlich formuliert werden. Lässt sich im Einzelfall ein komplexer Rechtstext nicht vermeiden, muss zumindest ein allgemeinverständliches Merkblatt beigefügt werden.

b) Effiziente Vergabepolitik vor Ort

Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist ein wichtiges Instrument zur Stärkung der regionalen Wirtschaft. Dabei sollten alle Möglichkeiten ausgenutzt werden, die eine angemessene Beteiligung kleiner und mittlerer regionaler Betriebe möglich machen. Der Wettbewerb um öffentliche Aufträge wird häufig nicht über Produktivität und innovative Ideen, sondern über Lohndumping ausgetragen. Dies wird zum Problem für alle fairen Arbeitgeber, die sich an Tarifverträge halten. Denn langfristig vermindert sich hierdurch ihre Wettbewerbsfähigkeit – und die Fachkräftebasis erodiert.

Daher fordern wir:

  • Das Ausschöpfen der Wertgrenzen bei Vergaben.
  • Deutliche Anhebung der Wertgrenzen für öffentliche Ausschreibungen – zumindest Anpassung der Wertgrenzen an die aktuelle Preisentwicklung.
  • Mittelstandsgerechte und konsequente Ausschreibungen in Fach- und Teillosen.
  • Ausreichende Planungs- und Umsetzungskapazitäten in der Öffentlichen Verwaltung zur Umsetzung und Betreuung von Bauvorhaben.
  • Die Verabschiedung eines Faire-Löhne-Gesetzes für Bayern.
Handwerksbetriebe sind in der Regel standortgebunden und reagieren auf Steuer- oder Abgabenerhöhungen seitens der Kommunen nicht mit sofortiger Abwanderung. Die faire Partnerschaft zwischen Handwerk und Kommunen stabilisiert die Gemeinden und kommunalen Haushalte.


Daher fordern wir:

  • Eine moderate Hebesatzpolitik, die keinen Partner überfordert
  • Die Vermeidung aller substanzbesteuernden Elemente, die unabhängig vom Ertrag erhoben werden
In den nächsten zehn Jahren stehen etwa 4.000 oberfränkische Handwerksbetriebe zur Übergabe an die nächste Generation an. Vor diesem Hintergrund sind die Förderung und Begleitung funktionierender Betriebsübergaben und -übernahmen und damit verbunden auch die Gründerförderung von zentraler Bedeutung für die Zukunft des Handwerks


Daher fordern wir:

  • Die Förderung von Potenzialanalysen und Betriebsbewertungen für Betriebe, die zur Übergabe anstehen.
  • Im Optimalfall in jedem Landkreis, mindestens aber in jedem Regierungsbezirk einen Überblick zu schaffen, welche Beratungsmöglichkeiten es für Betriebe gibt.
  • Die Vernetzung aller Akteure und Initiativen (z.B. auch vor dem Hintergrund der Gründerzentren an Universitäten und Fachhochschulen in Oberfranken).
  • Eine Anlaufstelle, die eine Übersicht aller Fördermöglichkeiten erstellt und diese permanent aktualisiert.
  • Die Unterstützung und Begleitung der Schulen und Hochschulen bei der Berufsorientierung und der Darstellung der bestehenden Karrierewege.
a) Reform der gesetzlichen Rentenversicherungssystems
Schon jetzt ist es so, dass das Handwerk als lohn- und beschäftigungsintensiver Wirtschaftszweig einen überproportionalen Beitrag zur Finanzierung der Sozialsysteme leistet. Das ist nicht fair und muss geändert werden. Auch angesichts des Trends zur Automatisierung und der zunehmenden Zahl an digitalen Geschäftsmodellen kann es nicht hingenommen werden, dass die Sozialabgaben auch in der Zukunft vor allem an den Faktor Lohn und Gehalt gekoppelt bleiben. 2023 hat der Gesamtsozialversicherungsbeitrag die 40-Prozent-Marke und damit die Schmerzgrenze für das Handwerk überschritten. Steigende Sozialabgaben machen die lohnintensive Arbeit, wie sie im Handwerk vorherrscht, immer teurer, nehmen Betrieben wie ihren Beschäftigten finanzielle Spielräume und schwächen die standorttreuen Handwerksbetriebe in ihrer Wettbewerbsfähigkeit.


Daher fordern wir:

  • Das gegenwärtige Finanzierungsmodell der Sozialversicherungssysteme muss ganz grundsätzlich und fraktionsübergreifend auf den Prüfstand gestellt werden mit dem Ziel, den Faktor Arbeit zu entlasten. Nur dauerhafte Beitragsstabilität sichert die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, ermöglicht ihren Beschäftigten ein auskömmliches Einkommen mit mehr Netto vom Brutto, schafft Impulse für mehr Beschäftigung und trägt zur Generationengerechtigkeit bei.
  • Daher plädieren wir dafür, eine „Sozialabgabenbremse“ und das Prinzip der Generationengerechtigkeit im Grundgesetz zu verankern.

b) Überstunden: Befreiung von der Steuer- und Sozialversicherungspflicht

Der sich immer weiter verschärfende Fachkräftemangel macht es notwendig, dass jede potenzielle Arbeitskraft mobilisiert und genutzt wird. Das kann und muss auch dadurch erreicht werden, zusätzlich geleistete Arbeitsleistung attraktiver zu machen.

Daher fordern wir:

  • Eine Befreiung der Überstunden von Sozial- und Steuerabgaben. Dies erhöht den Anreiz für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zusätzliche Arbeitsleistung im eigenen Betrieb zu leisten. Zusätzlich entlastet es die Mitarbeitenden und damit auch die Unternehmen. Zudem werden für die monatliche Tarifarbeitszeit bereits Steuern und Abgaben entrichtet.

c) Altersvorsorgepflicht

Das Handwerk als Wirtschaftszeig ist auch geprägt von kleinen Betrieben sowie von Soloselbstständigen. In Zeiten wirtschaftlicher Engpässe laufen Handwerkerinnen und Handwerker Gefahr, die wirtschaftliche Stabilität ihres Betriebes über die eigene Altersvorsorge zu stellen. Dieses uneigennützige Verhalten führt jedoch zu einer wachsenden Gefahr der Altersarmut für die Betroffenen. Auch besteht die Gefahr eines für den Einzelnen ruinösen Wettbewerbs zwischen Betreiben in Zeiten wirtschaftlicher Nachfragezurückhaltung.

Daher fordern wir:

  • Wegen der vielen (Solo-)Selbstständigen im Handwerk ohne ausreichende soziale Absicherung sprechen wir uns für die Einführung einer Altersvorsorgepflicht für Selbstständige mit Wahlrecht hinsichtlich des Durchführungsweges aus. Diese Maßnahme würde auch bestehende Fehlanreize reduzieren, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung durch Formen von Solo-Selbstständigkeit zu ersetzen, sorgt für faire Marktbedingungen und reduziert Wettbewerbsverzerrungen.
 
 

Ansprechpartner/in

Dipl.pol. Daniel Förtsch M.Sc.

Referent für Politik und Kommunikation

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Fax 0921 910-130

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Michaela Heimpel

Abteilungsleiterin

Tel. 0921 910-166

Fax 0921 910-45166

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