Die Forderung einer behindertengerechten Toilette brachte einen Schuhmacherbetrieb knapp vor das Aus - Rechtsberatung der Handwerkskammer fand eine KompromisslösungDie Lösung lag im Nachbarhaus

„Das war wie ein Schlag ins Gesicht“, erinnert sich der Orthopädie-Schuhmacher Franz Hofmann aus Wunsiedel. Ein halbes Jahr nachdem er mit seinem kleinen Betrieb umgezogen war, erhielt er die Nachricht, dass die sogenannte „Präqualifizierungsbestätigung“ für seinen Betrieb nicht mehr verlängert wird. Der Grund: In seinen neuen Räumlichkeiten, die er als Mieter nutzt, fehlt eine behindertengerechte Kundentoilette. Da war guter Rat teuer, denn ohne diese Bestätigung wird er von den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr als Vertragspartner akzeptiert – kann die erbrachten Leistungen für Kunden also auch nicht mehr abrechnen. Nur mit Unterstützeng der HWK-Rechtsberatung wurde ein Kompromiss gefunden.

Die Problematik des Schuhmacher-Betriebs

Dabei sah es zunächst nicht rosig aus um die Zukunft des kleinen Schuhmacher-Betriebs, den Franz Hofmann zusammen mit seiner Tochter führt. Um eine behindertengerechte Toilette zu integrieren, müsste eine Wand versetzt werden. Dabei wäre allerdings die Baustatik gefährdet. Zudem würden die entstehenden Kosten die wirtschaftlichen Kapazitäten deutlich übersteigen. Diese Problematik versuchte Franz Hofmann der zuständigen Präqualifizierungsstelle mitzuteilen, um seine Bestätigung auch weiterhin zu bekommen. Doch dort stieß er immer wieder auf taube Ohren, der notwendige Nachweis wurde weiter abgelehnt. Auch die gesetzlichen Krankenkassen konnten nicht weiterhelfen, verwiesen Hofmann nur auf die rechtlichen Vorgaben gemäß Sozialgesetzbuch. „Das war Bürokratie hoch drei. Mir wurden viele Steine in den Weg gelegt“, schildert Hofmann seine erfolglosen Versuche bei den Verantwortlichen durchzudringen. „Dabei habe ich, seit ich das Geschäft betreibe (1986), noch keinen behinderten Menschen in meinem Laden gehabt“. Mit Blick auf den unverhältnismäßig hohen Aufwand stand schnell auch die Frage nach der Betriebsaufgabe im Raum.

Rettung durch Kompromisslösung

Als letzten Rettungsanker wandte sich der Wunsiedler an die Rechtsberatung der Handwerkskammer für Oberfranken. Nach mehreren Gesprächen zwischen der Rechtsabteilung und der Präqualifizierungsstelle wurde nach zähem Ringen und Abwägung aller Möglichkeiten dann doch eine Kompromisslösung gefunden. Gutachten eines Maurermeisters und eines Architekten konnten dem Handwerker offiziell bestätigen, dass die Umbauten an diesem Ort nicht möglich waren. Zudem wurde ein Kardiologe im benachbarten Ärztehaus dazu gewonnen, seine behindertengerechte Toilette zur Mitbenutzung für die Kunden von Franz Hofmann zur Verfügung zu stellen. In den Empfehlungen zu § 126 Abs. 1 Satz 3 SGB V lässt sich diese Verfahrensweise als Alternative zu einer eigenen, behindertengerechten Toilette finden. Dies überzeugte dann auch die Präqualifizierungsstelle, die Bestätigung wurde verlängert.

Für die Zukunft ist Franz Hofmann nun nicht mehr Bange. Die schlagkräftige Argumentation und der gefundene Kompromiss sollten auch einer erneuten Überprüfung, die im Normalfall alle fünf Jahre stattfindet, standhalten. Unabhängig davon stellt sich der 67-jährige Betriebsleiter, der unter anderem auch für die Luisenburg-Festspiele arbeitet, mit der Zeit natürlich auch die Frage, wie lange er sein Geschäft aus Altersgründen noch betreiben kann. Denn auch in diesem Gewerk fehlt der Nachwuchs, im gesamten Landkreis Wunsiedel gibt es nur noch zwei Schuhmacherbetriebe seiner Prägung.

Information:

Das erwähnte Präqualifizierungsverfahren dient dazu, den jeweiligen Leistungserbringer auf seine grundsätzliche Eignung zu prüfen. Nach § 126 SGB V gilt man nur als Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen, wenn man die Voraussetzung für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllt. Die entsprechende Bestätigung erhalten die Betriebe von einer unabhängigen Präqualifizierungsstelle, die von den jeweiligen Krankenkassen akkreditiert sein muss.

Sein Geschäft kann weiterlaufen. Franz Hofmann ist einer der letzten Schuhmacher im Landkreis Wunsiedel.
Hofmann
Sein Geschäft kann weiterlaufen. Franz Hofmann ist einer der letzten Schuhmacher im Landkreis Wunsiedel.