
Das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) unterstützt Unternehmen dabei, ohne Insolvenz durch die Krise zu kommen - eine ÜbersichtNeue Instrumente für Sanierung und Insolvenz
Einführung
Jedes Unternehmen durchlebt Krisen. Damit nicht jede schwierige Zeit gleich existenzbedrohend wird, hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) beschlossen, das zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Das darin enthaltene Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG), soll allen Unternehmern neue Instrumente zur Hand geben, damit sie besser durch eine Krise kommen.
Das SanInsFoG verfolgt das Ziel, die europarechtlichen Vorgaben für einen präventiven Restrukturierungsrahmen in deutsches Recht umzusetzen und trägt dem Umstand Rechnung, dass die durch die Covid-19-Pandemie bedingte Sondersituation weitere Anpassungen des Sanierungs- und Insolvenzrechts erforderlich macht.
Ziel ist es, dass Unternehmer ihren Betrieb sanieren können, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen.
Peter Roeger, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gesellschafter der PLUTA Rechtsanwalts GmbH, ist ein Experte auf diesem Gebiet. Er hat die neuen Möglichkeiten, die nun zur Unternehmenssanierung zur Verfügung stehen, zusammengefasst.
Nachfolgend finden Sie eine Übersicht der verschiedenen Instrumente:

Peter Roeger, Fachanwalt für Insolvenzrecht
Autor
Peter Roeger
Rechtsanwalt - Fachanwalt für Insolvenzrecht
PLUTA Rechtsanwalts GmbH
Ansprechpartner
Betriebswirtschaftliche Beratung
Weitere Informationen
Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts
Sanierungsinstrumente
Voraussetzungen
Es bestehen keine gesetzlichen Voraussetzungen und eine außergerichtliche Sanierung kann jederzeit durchgeführt werden. Eine Einigung aller beteiligten Interessengruppen ist aber notwendig.
Was ist zu tun?
Zunächst überprüft ein Unternehmensentwickler mit ausgeprägter Restrukturierungserfahrung die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, ermittelt den Sanierungsbedarf und nimmt dann die Verhandlungen mit den Interessengruppen, insbesondere den Gläubigern, Arbeitnehmern und Geschäftspartnern des Unternehmens auf. Soweit es hier zu einer Einigung kommt, wird mit Unterstützung eines Sanierungsjuristen dann ein Sanierungsvergleich geschlossen. Dieser bindet jedoch nur die unterzeichnenden Parteien.
Der Geschäftsführer muss regelmäßig überprüfen, ob sich das Unternehmen nicht bereits in Folge einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung in der
Insolvenzantragspflicht befindet. Soweit dies der Fall ist und der Antrag nicht rechtzeitig gestellt wird, besteht eine strafrechtliche und zivilrechtliche persönliche Haftung des Geschäftsführers für eine Insolvenzverschleppung.
Da diese Sanierung komplett auf Konsens beruht, stellt sie für die meisten beteiligten Interessengruppen keine wesentlichen Risiken dar, sollte von diesen aber durchaus ernst genommen werden. Da in diesem Zusammenhang den Gläubigern jedoch die Probleme des Unternehmens bekannt werden, kann sich hier bei Scheitern der Sanierungsverhandlungen ggf. ein Anfechtungsrisiko für die Gläubiger ergeben. Zahlungen, welche die Gläubiger dann im Rahmen des Vergleichs oder auch
anderweitig erhalten, können gem. § 133 InsO anfechtbar sein. Besonderheiten sind auch bei der Gewährung von zusätzlichen Sicherheiten zu berücksichtigen.
Kosten
Der Kostenaufwand für diese Art der Sanierung sind die Kosten für den eingesetzten Restrukturierungsberater und den Sanierungsjuristen.
Vorteile
- kann jederzeit durchgeführt werden
- Sanierung ist an keine gesetzlichen Regelungen gebunden
- keine wesentlichen Risiken für beteiligte Interessengruppen
Nachteile
- Geschäftsführer muss regelmäßig prüfen, ob Insolvenzantragspflicht besteht
- Anfechtungsrisiko für Gläubiger bei Scheitern der Verhandlungen
Voraussetzungen
Bei der Sanierungsmoderation handelt es sich um eine Weiterentwicklung der außergerichtlichen Sanierung. Dementsprechend gelten keine gesetzlichen Voraussetzungen mit der Ausnahme, dass das Unternehmen weder zahlungsunfähig noch überschuldet sein darf. Alle beteiligten Parteien müssen sich einig sein.
Was ist zu tun?
Auf Antrag des Unternehmens bestellt das Gericht einen unabhängigen Sanierungsmoderator, der durch seine unabhängige Position vermittelnd zwischen dem Unternehmen und den jeweiligen Interessengruppen tätig wird. Dadurch besteht die Möglichkeit, festgefahrene Verhandlungen neu zu beleben oder Gläubiger, welche dem Unternehmen nicht vertrauen, von einem Vergleich zu überzeugen.
Zudem besteht die Möglichkeit, den Vergleich gerichtlich bestätigen zu lassen, mit der Folge, dass das bereits benannte Anfechtungsrisiko für die Gläubiger auf ein Minimum reduziert wird. Den Gläubigern steht daneben mit dem Sanierungsmoderator ein unabhängiger Ansprechpartner zur Verfügung, dem zudem seitens des Unternehmens ein kompletter Einblick in die Geschäftsunterlagen und Bücher zu gewähren ist.
Soweit weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung vorliegen, kann der Antrag auf Sanierungsmoderation bei Krisenverdacht (jeder Art von wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten) gestellt werden.
Kosten
Neben den bereits benannten Kosten für den eingesetzten Restrukturierungsberater und den Sanierungsjuristen fallen hier noch die Kosten für den Sanierungsmoderator (ca. 300 – 400 €/Stunde) sowie Gerichtskosten von einmalig 500 € an.
Vorteile
- Chance, festgefahrene Verhandlungen durch unabhängigen Moderator zu beleben
- Durch gerichtlich bestätigten Vergleich sinkt das Anfechtungsrisiko für die Gläubiger
- Unabhängiger Ansprechpartner für die Gläubiger
Nachteile
- Höhere Kosten als die außergerichtliche Sanierung
Voraussetzungen
Stimmen die Gläubiger einer außergerichtlichen Sanierung oder einer Sanierungsmoderation nicht zu, gibt es die Möglichkeit, die Gläubiger an einen gerichtlich bestätigten Restrukturierungsplan zu binden. Hierzu bedarf es innerhalb einer Gläubigergruppe einer Mehrheit von 75%.
Wesentliche Bedingung für den gerichtlich bestätigten Restrukturierungsplan ist die drohende, aber noch nicht eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Daneben muss ein zumindest in Grundzügen erarbeitetes Sanierungskonzept inklusive Finanzplanung vorliegen.
Welche Besonderheiten gelten hier?
Sollte in einer Gläubigergruppe keine Mehrheit von 75 % erreicht werden, aber die Mehrheit der anderen Gläubigergruppen stimmt zu (bzw. bei zwei Gruppen muss eine zustimmen), wird der Plan unter bestimmten Voraussetzungen dennoch angenommen.
Der Geschäftsführer des Unternehmens muss ab Antragstellung auch die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahren und haftet persönlich für entstandene Schäden. Die gesetzliche Insolvenzantragspflicht bei einer entstehenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung werden durch eine entsprechende Anzeigepflicht gegenüber dem Insolvenzgericht ersetzt.
Zusätzlich können sogenannte Stabilisierungsanordnungen beantragt werden. Hierdurch können für einen begrenzten Zeitraum Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt werden und eine Verwertungssperre für bewegliche Gegenstände, z.B. geleaste Maschinen veranlasst werden.
Für Gläubiger bietet dieses Verfahren einerseits den Vorteil, dass blockierende Mitgläubiger überstimmt werden können. Andererseits kann es aber bedeuten, dass in die Rechte der Gläubiger und deren wirtschaftlichen Werte gegen deren Willen massiv eingegriffen wird.
Kosten
Zusätzlich zu den Kosten der außergerichtlichen Sanierung als Vorbereitung des Restrukturierungsplans fallen hier nun weitere Kosten für die rechtliche Betreuung des Unternehmens im Restrukturierungsverfahren (300– 400 €/Stunde), für den gerichtlich bestellten Restrukturierungsberater (300 – 350 €/Stunde) und Gerichtskosten an.
Vorteile
- Durchführung einer Sanierung auch ohne Zustimmung aller Gläubiger
- Blockierende Gläubiger können überstimmt werden
- Aussetzung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen möglich
Nachteile
- Geschäftsführer haftet persönlich für entstandene Schäden
- Es besteht die Möglichkeit, dass in die Rechte der Gläubiger gegen deren Willen eingegriffen wird
- Zusätzliche Kosten für rechtliche Betreuung, die Restrukturierungsberatung und Gerichtskosten
Voraussetzungen
Bei drohender Zahlungsunfähigkeit besteht die Wahlmöglichkeit, einen Insolvenzantrag zu stellen. Bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit und bei Überschuldung besteht bei juristischen Personen ohne Vollhafter (GmbH, UG usw.) hingegen die Verpflichtung zur Antragstellung.
Was ist zu tun?
Im Gegensatz zu den vorgenannten Sanierungsvarianten wird das Unternehmen im vorläufigen Insolvenzverfahren von der bisherigen Geschäftsführung zusammen mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter geführt. Ab Insolvenzeröffnung wird das Unternehmen dann formell vom Insolvenzverwalter weitergeführt, dies geschieht jedoch faktisch meist in Zusammenarbeit mit der bisherigen Geschäftsleitung. Die operative Leitung und auch ein Großteil der Kunden- und Lieferantenkontakte werden daher meist, soweit möglich und sinnvoll, durch die bisherige Geschäftsleitung wahrgenommen.
Mit Antragstellung ist die bisherige Geschäftsleitung jedoch vom Risiko der strafbaren Insolvenzverschleppung, sowie einer möglichen persönlichen Haftung befreit.
Im Rahmen des Insolvenzverfahrens gibt es im Gegensatz zu allen anderen Sanierungsvarianten die Möglichkeit, sämtliche vorhanden Verträge, d.h. insbesondere Miet-, Leasing-, Lieferanten-, Pensions- und Absatzverträge zu beenden. In der Folge kann ein Unternehmen durch diese Vertragsbeendigung von diesen Altlasten befreit werden und ohne die alten Schulden durch eine sogenannte übertragende Sanierung neu durchstarten.
Da alle Schulden beim insolventen Altunternehmen verbleiben, stellt sich dieses Verfahren für die Gläubiger als größtes Risiko dar. Die Kunden hingegen haben den Vorteil, hier einen stabilen Geschäftspartner für die Zukunft zu erhalten.
Kosten
Die Kosten liegen in der Regel höher als bei einer außergerichtlichen Sanierung nach StaRUG. Allerdings werden die Kosten aus der erwirtschafteten Insolvenzmasse beglichen und belasten daher nicht das Unternehmen, sondern die Gläubiger.
Vorteile
- Keine persönliche Haftung der Geschäftsleitung
- Möglichkeit Verträge zu beenden, um das Unternehmen von Altlasten zu befreien
- Kunden erhalten in Zukunft einen stabilen Geschäftspartner
- Kosten werden aus der Insolvenzmasse beglichen
Nachteile
- Geschäftsleitung gibt Führung formell aus der Hand, Insolvenzverwalter übernimmt
- Größtes Risiko für die Gläubiger im Vergleich zu den anderen Verfahren
Fazit
Soweit ein Unternehmen über eine stabile Finanzplanung verfügt und die Überprüfung durch einen Unternehmensentwickler im Wesentlichen finanzwirtschaftliche Probleme noch frühzeitig genug erkennen lässt, macht eine Sanierung durch freie Verhandlung bzw. einen Sanierungsmoderater oder auch im Rahmen einer Sanierung nach StaRUG Sinn.
Sobald die Probleme sich jedoch aus der Gesamtstruktur ergeben, insbesondere auch in Folge von vertraglichen Verpflichtungen und die finanzielle Krise schon weiter fortgeschritten ist, eignet sich eine Sanierung durch ein Insolvenzverfahren wesentlich besser.
Wichtig ist in allen Fällen: Das Prinzip Hoffnung ist hier fehl am Platz, da das Warten die Situation meist nur verschlimmert. Zudem bestehen strafrechtliche und zivilrechtliche Risiken.